Blockchain – mehr als Bitcoin und mehr als ein Hype!

Für den 14. Mai 2018, war Professor Dr. Walter Dettling von der University of Applied Sciences and Arts North/West Switzerland im Georg-H-Endress-Auditorium der Dualen Hochschule in Lörrach angekündigt, um uns die Wahrheit über Blockchain und Bitcoin zu erzählen. Wir sagen es gleich vorweg: Prof. Dettling ist ein großer Befürworter der blockchainbasierten Cryptowährungen.

Kurze Geschichte der ersten Cryptowährung

  • August 2007: erste kleine Erschütterungen bei Immobilienbanken in Spanien und USA kündigen ein Platzen einer Immoblien-Finanzierungs-Blase an, das jedoch weltweit ignoriert wird
  • April 2008: mit dem Bankrott der Lehman Brothers Holdings Inc. und damit einhergehenden weltweitem Abstürzen von Aktien und deren Indice befindet sich die moderne Wirtschaftswelt in der größten Krise seit 1930
  • Januar 2009: die erste Transaktion, bei der Bitcoin übertragen wurden, wird mit dem sogenannten ‘Genesis-Block’ initiiert, und wenige Tage später die Referenzsoftware ‘Bitcoin Core’ auf p2pforum.net veröffentlicht. Eine Person oder Personengruppe unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto beschreibt im ‘Bitcoin Whitepaper’ eine auf Kryptographie basierende Währung, die sich über ein Peer-to-Peer-Netwerk selber regulieren sollte
  • Februar 2010: erstmalige Möglichkeit, Bitcoin offiziell in eine andere Währung zu tauschen
  • Dezember 2017: Bitcoin erreicht mit 19.065,71 US-Dollar einen vorläufigen Höchstwert
Die Duale Hochschule in Lörrach und die University of Applied Sciences and Arts North/West Switzerland – gemeinsam für die Blockchain

Warum bringen wir Bitcoin mit der Bankenkrise in Verbindung?

Finanzmärkte unterliegen schlimmsten Stimmungsschwankungen. Kleine Krisensignale können, wenn sie wahrgenommen werden, zu hastigen Gewinnmitnahmen und in der Folge zu panischen Notverkäufen führen, wodurch ganze Finanzmärkte in die Tiefe gerissen werden. Um eine solchartige Lawine aufzuhalten, sind schnelles Handeln und große Geldbeträge notwendig. Als die Krise Deutschland erreichte, und vor allem die bayrische Hypo Real Estate und die WestLB aufgefangen werden mussten, waren schnell über 50 Milliarden Euro direkter Hilfe zur Verfügung. Es darf sich niemand vorstellen, wie häufig man jede Autobahn, jede Schule und jeden Kindergarten mit einem solchen Geldbetrag hätte erneuern können.

Die Erfinder der Blockchain hatten von Anfang an ein Geldsystem im Blick, welches nicht zusammenbrechen kann, keiner staatlichen Kontrolle unterliegt, nur in sehr eingeschränktem Maße vermehrt werden kann, und daneben noch andere Vorteile bietet. Wieso können solche Anforderungen überhaupt entstehen? Zum Einen gibt es da die Geldschöpfung. Professor Dettling hat das Thema nur kurz angerissen, weil die Schweizer den Deutschen da schon einen Schritt voraus sind. Derzeit wird dort nämlich die sogenannte ‘Vollgeld-Initiative’ diskutiert, und demnächst zur Volksabstimmung kommen. Damit wird – oder würde – die Erlaubnis der Geldschöpfung an die Zentralbanken deligiert, und den Geschäftsbanken entzogen. Geldschöpfung ist das große Problem der Finanzwelt. Ob Flughafen Berlin oder Bahnhof Stuttgart – weil Banken dank Giralgeldschöpfung Geld gegen Zins verleihen dürfen, das sie gar nicht besitzen, werden von der Bankenlobby teure Prestigeprojekte durchgeprügelt, auch wenn sie von Vornherein als wirtschaftliche Totgeburt feststehen. In der Schweiz wird diese Lobbyarbeit aussterben, sollte die Initiative erfolgreich sein.

In einer fiktiven Welt mit Cryptowährungen als einzigem Zahlungsmittel wären Disaster dieser Größenordnung gar nicht erst möglich.

In seinem Element: Prof. Dr. Walter Dettling

Geldschöpfung ist nicht das einzige Problem, das durch Cryptogeld gelöst würde. Dettling nannte als prominentes Beispiel die Problematik der staatlichen Beeinflussung des Bankenwesens. Die Internet-Plattform Wikileaks beispielsweise lebt von Spenden. Die Spendenkontos wurden allerdings weltweit über Nacht von den betreuenden Banken eingefroren. Dank Bitcoin konnten wohlwollende Spender dennoch Geld für die Wikileaks-Arbeit spenden, ohne dass Banken dabei im Weg standen.

Neben der Geldschöpfung gibt es noch weitere neuralgische Punkte im weltweiten Finanzsystem, die zur Katastrophe führen können. Professor Dettling führte aus, dass die globale Staatsverschuldung mit ca. 200 Billionen US-Dollar die gesamte Geldmenge übersteigt. Doch selbst das ist nicht das größte Problem: Derivative Finanzinstrumente stellen zwar keinen aktiven Wert dar, verbriefen aber bei den meisten Arten eine in der Zukunft liegende Zahlungsverpflichtung. Schätzungen reichen für die Gesamtmenge der Derivate von 600 Billionen bis 1,2 Billiarden US-Dollar. Es existieren also gleich mehrere Szenarien, in denen die weltweite Finanz zusammenklappen würde, wenn das Vertrauen in das Geld auf einen Schlag weg wäre. Hiervor ist eine Cryptowährung effektiv geschützt.

OpenSource als politisches Statement

Die Vorstellung des 9-seitigen White Papers zur Blockchain ist ein fein orchestriertes politisches Statement. Die fiktive Person “Satoshi Nakamoto” wird im Gesamtbild restlos zum Cyberpunk. So wie das Internet selbst, und wie Open-Source-Software, so soll sich Nakamotos Electronic-Cash-Lösung von niemandem kontrollieren lassen. Ob Hyperinflation, Lobbyismus oder Protektionismus, Bitcoin sagt all diesem den Kampf an durch die Werte, die wir in modernen Gesellschaften Lebenden als selbstverständlich achten. Transparenz, Meinungsfreiheit und Offenheit. Dettling räumte schnell mit Vorurteilen auf, wonach Cryptowährungen für Kriminalität genützt wäre, durch Hacker angreifbar seien oder wie eine Blase zu platzen drohen.

  1. Da sämtliche Transaktionen in der Blockchain für alle Zeiten sichtbar sind, eignet sie sich nicht für kriminelle Machenschaften
  2. Theoretisch könnte ein gefälschter Blockchain-Ast errechnet werden, dazu müssten die Hacker aber mehr Rechenleistung zur Verfügung haben, als alle Computer weltweit zusammengenommen, die durch ‘Mining’ an der Blockchain mitrechnen
  3. In dem Augenblick, in dem weltweit das Interesse an Bitcoin auf Null sinkt, sinkt auch dessen Wert auf Null – was jedoch äußerst unwahrscheinlich ist, da Cryptowährungen vom Prinzip her stabiler sind als jede der ‘normalen’ Währungen

Was macht Blockchain-Transaktionen so sicher?

Damit Transaktionen absolut sicher sind, nicht doppelt ausgeführt werden können und nicht ‘auf der Reise’ geändert werden können, wird eine asymmetrische Verschlüsselungsmethode eingesetzt. Zuerst wird der zu übermittelnde Inhalt mit dem Algorithmus SHA 256 ‘gehasht’. Nach den Ausführungen von Professor Dettling ergeben zwei identische Zeichenfolgen oder zwei identische Dateien auch immer identische Hashwerte. Und keine zwei verschiedenen Eingaben können den gleichen Hashwert erzeugen. Die asymmetrische Verschlüsselung geschieht durch die Verwendung eines öffentlichen und eines privaten Schlüssels.

Asymmetrische Verschlüsselung

Der öffentliche Schlüssel ist allen bekannt. Es ist ein Einwegschlüssel – mit ihm können Inhalte verschlüsselt werden, für die Entschlüsselung ist ein privater Schlüssel notwendig. Private Schlüssel – wie der Name schon sagt – sind nur dem Besitzer bekannt. Der Empfänger einer Nachricht, genauer gesagt dem Hashwert dieser Nachricht, entschlüsselt diese mit seinem privaten Schlüssel. Der Hashwert wird mit dem ursprünglichen Hashwert verglichen und beide müssen identisch sein. Damit ist die Authentizität bestätigt und die Nachricht kann entschlüsselt werden.

Fragestunde

In der abschließenden Runde an Fragen und Antworten gab Professor Dettling zu verstehen, dass auch eine Währung wie Bitcoin nicht sicher vor Kursverlusten bis hin zum Totalverlust ist. Dieses Szenario ist rechnerisch jedoch so unwahrscheinlich, dass es praktisch nicht möglich ist. Die Gesamt-Anzahl an Bitcoins, die jemals geschöpft werden können, ist auf 21 Millionen beschränkt.

Auch die Frage, wer nach erreichen dieser Grenze überhaupt noch Interesse hat, die Blockchain durchzurechnen, wenn es dafür keine Bitcoin mehr gibt, wurde beantwortet. Alles rundum spannend und informativ – und auf jeden Fall den Abend wert, den es gekostet hat.

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