Abgesang auf Mobile-Commerce
Vor 30 Jahren hatten Quelle und Neckermann einen großen Traum. In diesem Traum bestellte eine ganze Nation alles, was sie haben wollte – auch Dinge des täglichen Gebrauchs – bequem von zuhause aus und ließ sich die Güter von der Post an die Türe liefern. Die Geschichte sagt uns, daß dieser Traum nie Wirklichkeit wurde – zumindest nicht zu Zeiten der großen deutschen Versandhändler.
Heute ist das anders. Die Online-Einkaufs-Plattformen von Amazon, Ebay und Zalando sind inzwischen das, was früher der Quelle-Katalog gewesen ist: mit großen, bunten Bildern und ausführlichen, zum Kauf reizenden Fotos war er einst ein Standardartikel in jedem Haushalt – heute werden die nötigen Informationen dank der Verbreitung des Internet auf die Breitbandmonitore der PCs und Laptops geliefert.
Früher mußte man einen Bestellschein ausfüllen, einkuvertieren und abschicken. Heute gibt es sichere, digitale Warenkörbe in der Online-Welt, die den Einkauf auf einige Mausklicks reduzieren. Das alleine könnte schon der Grund sein für den phänomenalen Siegeszug des E-Commerce gegenüber den Katalogversendern von früher. Erst mit dem Internet konnte dem Wunsch nach Bequemlichkeit für den Homeshopper vollständig entsprochen werden:
- Online-Warenkorb vs. händisch ausgefüllter Tabelle
- Sofortiger Checkout vs. tagelange Laufzeit der Order bei der postalischen Zustellung
- Bezahlung im selben Moment vs. Banküberweisung mit drei Tagen Wartezeit
- Automatisierte Retourenabwicklung vs. ergebenes Betteln an der Telefonhotline
Nur eines stört noch die Vision der 360°-Shopping-Nation: der Kunde muss zuhause am PC oder Laptop sitzen. Nun sollte man vielleicht meinen, dank der Verbreitung von Smartphones und Tablets, daß man heutzutage von überall aus den Kaufrausch ungehemmt ausleben könne. Folgerichtig träumen die Versandhändler heute einen neuen Traum: den der Umsätze über Smartphones.
Nahezu jede Online-Shopping-Plattform hat Einkaufsmöglichkeiten geschaffen, die auch auf mobilen Geräten nutzbar sind.
Die Nachrichtenmedien waren in den letzten Jahren immer voll von Meldungen über den Siegeszug des sogenannten Mobile Shoppings. Jedoch genügt ein nüchterner, nachgerader naiver Blick unter die Motorhaube, um den Hype zu entzaubern. Gerd Bovensiepen von PriceWaterhouse Cooper sagte in einem Interview im Juli 2016, dass 35% der deutschen Verbraucher einmal monatlich mobil online einkauften. Und bis 2020 sollen es 65% sein – ein Wahnsinnsergebnis! Doch welchen Anteil macht dies am Volumen aus? Auftritt Handelsblatt im Juni 2017: Das Ergebnis einer Untersuchung zeige, daß im Durchschnitt pro Jahr 1280,- Euro pro Einwohner per Online-Shopping den Besitzer wechselten. Sicher nicht, indem 35% einmal monatlich online einkaufen. Rein volumenmäßig ist Umsatz über mobile Geräte also ein Tropfen am Eimer. Dies hat Gründe.
Die Umsetzung eines Online-Shops für mobile Geräte stößt an gegebene physikalische Grenzen – und das wird sich nicht ändern.
Die größte Herausforderung ist die Darstellung all der Einkaufswelten, die einen Kaufwunsch erwecken sollen, auf dem vergleichsweise kleinen Bildschirm. Sicher gibt es die ‚responsive‘ Darstellung der Webinhalte. Mit dieser wird erreicht, daß nebeneinander stehende Elemente automatisch übereinander angezeigt werden, so daß man leicht durchscrollen kann. Bilder werden so skaliert, daß sie das Maximum des Displays ausfüllen. Bedienmenüs sind ein- und ausklappbar, um Platz für die Bilder zu schaffen. Selbst wenn diese Funktionen auf den gängigen Smartphones störungsfrei laufen und sich auf die verschiedenen Displaygrößen der verschiedenen Modelle anpassen – ein handtellergroßes Bild ersetzt keinen 1080P-Monitor am heimischen Schreibtisch.
Achtung Hype – nicht nachfolgen!
Servieren Sie Ihren Kunden Inhalte, die für mobile Geräte passen – aber investieren Sie bloß keine Unsummen darein, einen Online-Shop auf mobil zu trimmen!
Und dabei fällt ein Aspekt vollständig unter den Tisch, der für Online-Händler lebensnotwendig ist. Bei all diesen Darstellungsmöglichkeiten auf kleinen Displays ist letztlich kein Platz mehr für das Cross-Selling – kleine Anzeigen, die den Käufer reizen sollen, noch weiter einzukaufen, beispielsweise Verbrauchsmaterialen, Zusatzausstattung, oder artverwandte sonstige Produkte.
Das Einzige was funktioniert, sind Nischenmärkte, die ideal für die mobile Bestellung geeignet sind. Tickets bei der Deutschen Bundesbahn oder bei den Nahverkehrsbetrieben zum Beispiel. Oftmals werden diese in letzter Minute auf dem Weg zum Bahnhof geordert, da kommt bei Bahnfahrern schnell eine Bestellung pro Monat zusammen.
Doch emotionsbeladene Artikel – siehe Fashion-Industrie – verlieren ihre Wirkung auf dem kleinen Display. Darum gab es auch nie einen Mini-Quelle-Katalog für die Handtasche. Während wir wöchentlich neu frisierte Statistiken über den Erfolg des mobilen Shoppings lesen, ist dieser Traum in der Realität schon lange ausgeträumt.
Es wird Zeit, zu akzeptieren, daß der größte Teil der mobilen Verkäufe, aus denen die Statistiken befeuert werden, Fahrkartenverkäufe sind.
Duh.
Sehr wirr und sehr schlecht hergeleitet. Sich auf zwei Aussagen aus 2016 und Mitte 2017 zu verlassen, die nicht im Kontext eingebettet und nicht nachvollziehbar sind, um dann noch zu argumentieren, auf dem Smartphone habe Cross Selling keinen Platz mehr. Wirklich crazy.