Marx, Engels und Industrie 4.0

FMB – die Zuliefermesse für den Maschinenbau in Augsburg – ludt heute ein zum Diskussionspanel: “Gestaltung der digitalen Transformation – Chancen für den Maschinenbau“. Geladen waren etliche Hochkaräter: Dr. Rainer Stetter von der ITQ GmbH und Fraunhofer-IGCV-Sprachrohr Christoph Berger. Dr. Jürgen Jähnert von BW-Connect war ebenso zugegen wie Bundeswehr-Universitätsprofessor Dr. Stephan Kaiser. Abgerundet wurde die Gruppe durch Frau Gabriele Schwarz vom Institut für Technologie- und Wissenstransfer der Hochschule Augsburg und Volker Boelsch von KingKontent in seiner Eigenschaft als Experte des Digitalen Innovationszentrums DIZ in Karlsruhe, das ihn heute dorthin entsandt hatte. Ich, mit anderen Worten, der Verfasser dieses Artikels.

Bemerkenswert war heute das völlige Fehlen neuer Erkenntnisse.

Ääh… what?

Wir wissen es schon, Jeff Bezos hat unbeirrt an Amazon weitergebaut, auch wenn Jahr für Jahr Verluste eingefahren wurden, und auch als Tag für Tag neue Meldungen darüber zu lesen waren, wieviel Verluste Amazon jetzt wieder eingefahren hat. Aber daran war leider nichts Innovatives. Amazon hat einfach nur genau das gemacht, was Quelle und Neckermann schon jahrzehntelang vorgelebt haben, inklusive des Einfahrens von Verlusten.

Unternehmen, die Robot-Staubsauger herstellen und verschenken, statt sie zu verkaufen, wurden als fiktives Beispiel vorgestellt. Geschäftsmodell: Käufer (Schenkenlasser) dieser Robosauger erklären sich einverstanden, daß die am Sauger montierte Webcam ständig live senden darf. Die Bilder werden von IKEA ausgewertet, und so können gezielt Endverbraucher ins Visier genommen werden, deren Häuser noch nicht mit IKEA-Möbeln vollgestellt sind. Robosauger-Hersteller kassiert eine Provision für jedes verkaufte Möbelstück. Das wiederum wäre innovativ, würde aber, egal nach wie langer Zeit, keine Gewinne abwerfen.

Hieraus müßte eigentlich die Erkenntnis folgen: lassen wir doch den Digitalisierungs-Schmarrn. Doch das Gegenteil war der Fall. Das komplette Panel war der Überzeugung, wir müßten Digitalisierung unbeirrt vorantreiben, wenn nötig mit Regierungshilfe. Das ganze Panel? Nein! Ein Vertreter des Pragmatismus hielt bis zum Schluß dagegen, daß die Digitalisierung dort initiiert werden muß, wo sie für volle Taschen aller Beteiligten führt – aber nicht dort, wo das nicht der Fall ist, und schon gar nicht zwingend und überall. Dessen Einwand, daß wir Deutschen eben Kinder Friedrich Engels’ und Karl Marx’ seien, und deshalb solche Themen auf ideologisches Level heben, anstatt mit dem Ansatz Do-What-Works-And-Fuck-Whatever-Doesn’t für Digitalisierung zu sorgen, die sich von selber verbreitet – dieser Einwand lief ins Leere. Marx und Engels wurden später nochmal aufgegriffen, um die Zwangsdigitalisierung zu rechtfertigen.

Na, dann haben es ja doch am Ende alle begriffen.

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Der Vollständigkeit halber noch der offizielle Standpunkt von KingKontent zum Thema Industrie 4.0: die Digitalisierung ist schon längst da, und genau wie bei jeder anderen Technologie kann und muß sie noch konsequenter umgesetzt, und ganz allgemein weiterentwickelt werden. Und sie muß paßgenau angewendet werden, inklusive der Konsequenz, einem Unternehmer klar mitzuteilen, wenn für ihn die Digitalisierung im Stil von Industrie 4.0 ein Schmarrn wäre.

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