(Nix) Neues von der Internet World 2018 – außer Mehlwürmern (und die auch nicht!)
Am 6. März öffnet die Messe ‘Internet World’ in München ihre Pforten. Schon jetzt wirft sie ihre Schatten voraus. Allerorten ist zu lesen, wie wichtig die Messe, wie großartig die Aussteller und wie führend die ganze Branche ist.
Uuhm… welche Branche?
Grundsätzlich alles, was mit “E-” beginnt: E-Learning, E-Government, E-Commerce… vor allem E-Commerce, der sich ja für einen Großteil der Geschäfte verantwortlich zeichnet, die übers Internet abgewickelt werden. Dabei gibt es im E-Commerce nichts Neues. PrestaShop und Shopware haben kräftig aufgeholt, OXID ist fast und Magento ganz in der Versenkung verschwunden. Intellishop will jetzt auch bei den Großen mitspielen. Das war’s, mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Stimmt nicht ganz: OXID’s einstiger Vorzeigeshop für Omni-Channel-Commerce, ‘Emmas Enkel‘ in Düsseldorf, verkauft jetzt als erster Laden in Deutschland Nudeln aus Tiermehl, oder ganz konkret: aus Mehl von Mehlwürmern. Wie poetisch. 1987 haben wir uns noch schlappgelacht, als Alf eine Pflanze aus seinem Raumschiff präsentierte, die in Sekunden einen Bleistift in Sägespäne verwandelte: “Das ist eine Venusfliegenfalle. Von der Venus!”. Jetzt also Mehl aus Mehlwürmern. Wenn Emmas Enkel einen Stand hätten, an denen sie die Mehlwurmpasta servieren, wäre das glatt ein Grund gewesen, selber hinzufahren.
Und was noch?
Am Start sind daneben alle wichtigen Player zu PIM, CMS und CRM – und die ganze Partner- und Dienstleisterschar, die sich auch ein Stück vom Kuchen abschneiden will.
Natürlich wird auch heuer wieder B2B-Commerce das ganz große Ding sein, und natürlich wird Mobile Commerce auch das ganz große Ding sein. Es stimmt zwar: Shopsystemen werden weiterhin noch kräftige Wachstumszahlen beschert werden durch B2B-Transaktionen. Den Anbietern sei aber jetzt schon geraten: Sehen Sie genau Ihre First Mover an, ob die immer noch Kunden sind – wenn nicht, dann hat das einen guten Grund. Wer sich B2B-mäßig ordentlich vernetzt, braucht (fast) kein Shopsystem mehr. Die Produktpräsentation macht sowieso das PIM oder ERP, den Warenkorb kann das CRM oder CMS nebenher betreiben – und für die Bezahlung sind mit Yapital, Qooqo, Kesh oder Mpax so viele Alternativen am Start, daß niemand mehr zwingend auf shopbasierte Zahlsysteme angewiesen ist. Es wird bald keinem Kunden mehr zu vermitteln sein, wozu ein teures Shopsystem nötig ist, das dann doch nichts anderes mehr macht, als Daten zwischen Systemen herumzureichen, die ohnehin schon vorhanden sind. B2B E-Commerce also am Ende? Lesen Sie hier mehr!
Mobile Commerce wird selbstverständlich auch wieder hochgejubelt werden, und das schon das siebte Jahr in Folge – aber wirklich passieren wird auch 2018 nichts. Dazu gibt es ja auch keinen Grund. Nun gut, aber wahrscheinlich wird auch heuer noch jemand da sein, der Beacons als die große Zukunft anpreist. Die Lerngeschwindigkeit angesichts offensichtlicher Flops ist im Lande halt nicht die größte. Ist Mobile Commerce also auch am Ende? Einen Abgesang gibt es hier.
Und was noch?
Amazons Dash Buttons wären mal wirklich etwas Neues. Dumm nur, daß sie gerade verboten wurden…
Und was auch nicht fehlen darf: Sicher werden wieder viele Leute über Big Data und Industrie 4.0 Vorträge halten, die nichts von Big Data und Industrie 4.0 verstehen. Sonst würden sie ja Marx und Engels erwähnen.
Marx und Engels? WTF?
Die Redebeiträge sind übrigens weitgehend Slots, die an gut zahlende Interessenten verkauft werden, die diese wiederum für Verkaufs-Shows nutzen. Auch hier also: nichts von wirklichem Wert.
Die Messe, die als Leitmesse verkauft wird, füllt stolz eine Halle und einen Teil des Eingangsbereiches davor. Vor einigen (zwanzig) Jahren – als wir alle noch ganz hastig neue Visitenkärtchen drucken ließen, weil wir ja jetzt auch eine Email-Adresse haben – da gab es noch die ‘Systems’ im September. Vier bis fünf Hallen vollgestopft mit teilweise mehrstöckigen Ständen von Namen wie Microsoft, SAP, Netscape (R.i.P.) oder Oracle. Kein Vorwurf an die Internet World – das ganze Thema Messe ist im Abschwung begriffen, und wird sich in den nächsten Jahren konsolidieren müssen. Ob es danach wieder Hurra-Veranstaltungen geben wird wie die Systems ’98 oder die CeBIT ’00, bleibt anzuzweifeln beziehungsweise abzuwarten.
An alle Aussteller dieses Jahr: Ich wünsche Ihnen von Herzen gute Geschäfte und wertvolle Kontakte. Und ich wünsche Ihnen ein wachsames Auge, denn wenig wird in ein paar Jahren noch so sein, wie es jetzt ist.